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In unserem Körper ist viel in Bewegung



Besonders Kinder erleben im Wachsen und Gedeihen vielfältige Veränderungen,

die sich zum einen auf den Körper, auf die Seele und auf den Geist auswirken.

 

Auch Stimmungen können vom Wachsen und Entwickeln unterschiedlich betroffen sein.

 

Nun möchte ich euch einen kleinen Einblick auf wahrnehmungsbezogene Prozesse bieten.

 

Vielleicht habt ihr schon einmal den Begriff „Tiefensensibilität“(Propriozeption) gehört.

 

Dies heißt nicht, dass ich tiefenentspannt bin, lach…

 

Es gibt in jedem Körper Rezeptoren, die für unsere Tiefensensibilität zuständig sind.

 

Sie befinden sich in den Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln, verstreut im ganzen Körper.

 

Kinästhetische (bewegungsempfindliche) Reize werden direkt aus dem eigenen Körper und aus der eigenen Bewegung mitgeteilt, daher auch der Begriff „Propriozeption (Tiefensensibilität).

 

Die bedeutenden Rezeptoren dafür sind im Körper die Muskelspindeln (für die Kontraktionsgeschwindigkeit und den Dehnungsgrad), die Golgi-Sehnenrezeptoren (für den Spannungszustand des Muskels) und verschiedene Mechanorezeptoren für den Überlastungsschutz.

Vergesst die Fremdwörter mal schnell wieder, kann sich kein Mensch merken ;-)

 

Die Muskelspindeln, die in den Muskeln für die Feinkoordination zuständig sind, dienen sogar ausschließlich der Kontrolle der Muskelaktivitäten.

 

Die Tiefensensibilität als Bestandteil der Eigenwahrnehmung zeigt auch hinsichtlich der Raum-Lage Wahrnehmung eine große Bedeutung, wenn es darum geht, sich in einem Rahmen/Raum zu bewegen und zu orientieren.

 

Wahrnehmungsfelder

 

Da die Propriozeption aber nur selten bewusst wird, da die Bewegungen, die ihr zur Folge ausgeführt werden, meist schon automatisiert sind, wird die Bedeutung oft unterschätzt und zu selten geschult und entwickelt.

 

Wenn Kinder einen Wachstumschub haben, dann macht es ein manches Mal den Eindruck, man hätte einen Flummi vor sich.

 

Teilweise wirkt das Kind unruhig, zappelig, ungestüm, genervt und ungeschickt.

Dies hängt mit der Veränderung auf allen Wahrnehmungskanälen zusammen.

Es wurden in meiner Praxis sehr gute Erfahrungen mit besonderen „Körperübungen“ gemacht.

 

Hierzu setze ich Gewichte ein, die aufgelegt werden, sowie gibt es Zug und Druckübungen um dem Kind und dem Körper die Chance der „Erdung“ und "Vertiefung" zu geben.

 

Diese Übungen wirken als positive Stimulanz auf neurologische Vorgänge, welche wiederum Rückschlüsse auf

„Bewegung“ und „Tiefe“ geben.

 

Wir sind auf den kinästhetischen Sinn aber auch im Alltag, nicht nur bei sportlichen Aktivitäten, angewiesen.

So finden wir auch mit geschlossenen Augen oder im Dunkeln den Mund, wenn wir etwas essen möchten und müssen nicht unsere Hände beim Klatschen kontrollieren.

 

Diese Beispiele verdeutlichen, dass wir dadurch Kenntnis über die Stellung der Glieder zueinander, Rückmeldung über die Muskelkoordination, den Spannungsgrad der Muskulatur und jede Art von Bewegung erhalten.

 

Insgesamt gesehen ist dieser Sinn also wichtig für die Kontrolle der Eigenbewegung.

Zudem trägt er zur Entwicklung von genaueren Bewegungsvorstellungen bei und unterstützt das Bewegungsgedächtnis.

 

So macht sich dieser Sinn auch bei Musikern bemerkbar:

Egal,

ob auf einem Tasten-, Blas- oder Streichinstrument,

wenn ein Musikstück perfekt beherrscht wird,

benötigt der Akteur weder visuelle Kontrolle über seine Finger

noch über seine Noten,

denn sein Können ist quasi in seinen Bewegungen

und

der Bewegungswahrnehmung

gespeichert.

 



Kinästhetische Sinnesentwicklung im Kleinkindalter

 

 

Das kinästhetische Sinnessystem ist neben dem Tastsinn und dem Gleichgewichtssinn aber auch das erste funktionierende System des Fötus im Mutterleib.

 

Schon im dritten Schwangerschaftsmonat erfährt der Fötus durch die Bewegungen der Mutter, wie er selber bewegt wird.

Mit einem Monat schmiegt sich ein Säugling gut an, wenn er auf dem Arm einer Person liegt, denn aufgrund der Rückmeldungen aus seinen Muskeln und Gelenken spürt er, wie er dieses Anschmiegen aktiv durch die eigene Körperhaltung unterstützen kann.

 

Im zweiten und dritten Monat erhält das Baby über seine Nackenmuskulatur Informationen über die Stellung des Kopfes zum Körper und über den Raum, in dem es sich befindet.

 

In dieser Phase beginnt es, den Kopf aufrecht zu halten.

Ab dem vierten Monat, wenn die Koordination der Tast-, Muskel- und Gelenkwahrnehmungen zunimmt,

will es gezielt nach Gegenständen greifen.

 

Das Sinnessystem

 

Wenn wir einmal genauer betrachten, teilt sich unser Sinnessystem in vier Bereiche auf:

 

1. Stellungssinn

 

2. Bewegungssinn

 

3. Kraftsinn

 

4. Spannungssinns

 

Der Stellsinn gibt uns Aufschluss, wie sich unser Körper im Raum befindet.

 

Demzufolge sind wir in die Lage versetzt, auch im Dunkeln die einzelnen Glieder und die und die Stellung der Gelenke zueinander vergegenwärtigen zu können.

 

Wenn wir, ohne hinzusehen, eine Gelenkstellung ändern, hilft uns der Bewegungssinn, sowohl die Richtung als auch die Geschwindigkeit der Bewegung wahrzunehmen.

 

Um abschätzen zu können, wie viel an Muskelkraft wir aufbringen müssen, um eine Bewegung auszuführen oder um gegen einen Widerstand eine Gelenkstellung einzuhalten, benötigen wir den Kraftsinn.

 

Mit Hilfe des Spannungssinns erhalten wir Informationen über den Grad der Muskelspannung, was die Voraussetzung bildet, dass wir den Spannungsgrad der Muskulatur selbst beeinflussen können.

 

Der letzte Sinn ist beim Wechsel zwischen An- und Entspannung für Entspannungsübungen relevant („Loslassen“)

 

Spache unterstützt Bewegung

 

Da eine kinästhetische Wahrnehmung (Reize des Körpers wahrnehmen)

 

durchaus methodisch begleitet, gefördert und unterstützt werden kann, ist es auch sinnvoll, dies im Alltag anzuwenden und zu integrieren.

 

Der erste Schritt dabei ist, das Gefühl für die Bewegungen durch dichte Übungsfolgen auszuprägen. Hierbei ist es wichtig, die Übungen vielseitig mit den Konstanten Raum, Zeit und Kraft zu differenzieren und zu variieren.

 

In meiner Praxis wird für diese Übungen die Therapieschaukel intensiv mit Gewichten genutzt.

 

 

 



Im Raum angebrachte Spiegel bieten dem Kind die Möglichkeit,

einen Blick auf die eigenen Bewegungsvorgänge zu richten.

 

Daraufhin sollten die kinästhetischen Informationen mit der Sprache gekoppelt werden, da diese über Verbalisierungen bewusst gemacht werden müssen (Fremdbewusstmachung), um sie im Gedächtnis zu speichern.

Das Kind muss Hinweise auf die Empfindungen, die es zu erwarten hat, erhalten und lernen, gewonnene Wahrnehmungen zu verbalisieren.

Wenn nun eine Bewegung neu eingeübt werden soll, so wird die kinästhetische Wahrnehmung direkt angesprochen, wenn man dem Lernenden Bewegungsanweisungen in Form einer Gefühlsbeschreibung gibt, wie z. B. für eine Rolle vorwärts: „Rolle so langsam über den Rücken ab, dass da jeden einzelnen Wirbel spüren kannst!“

Die Bewegungen sollen dann solange unter bewusster Kontrolle ausgeführt werden, bis die Automatisierung eintritt.

 

Dieses Versprachlichen schafft ein Bewusstsein der eigenen Körperlichkeit im Zusammenspiel aller Wahrnehmungskanäle.

 

Das „Lernen“ als kognitive Fähigkeit wird durch das Verbalisieren und durch die Integration von Bewegung sehr positiv unterstützt.

 

In meiner Praxis werden diese Entwicklungsbezüge und positiven Wirkungen durch das Anregen aller Wahrnehmungskanäle genutzt.

 

Durch Regelmäßigkeit verinnerlicht das Kind fördernde Bewegungsmuster , die zu einem positiven Körpergefühl und Sicherheit führen.

 

Die Kinder lernen bei mir auch auf der Schaukel und geben mir durchweg ein positives Feedback.

 

 

Das 1 mal 1 wird zum Beipiel auf folgende Art und Weise eingeführt:

 

 

Vor der Schaukel werden auf dem Teppich 4 unterschiedlich farbige Kreise gelegt (nebeneinander).

 

Hinter jedem Kreis sitzt ein Kuscheltier.

 

Ich habe eine Schale mit ganz vielen farbigen (4) Sandsäckchen.

 

Das Kind wird ein Pirat auf hoher See.

 

Die Säckchen sind der Stellvertreter für Nahrung, Trinken, ect.

 

Alles fällt ins Wasser (blauer Teppich unter der Schaukel).

 

Das Kind begibt sich in Bauchlage und der Oberkörper befindet sich über dem Schaukelrand. Nun beginnt der Sturm, indem sich das Kind über ein Seil selber in Schwung bringt.

 

Während des Schaukelns sammelt der Pirat alle Säckchen in sein Boot.

 

Er schaukelt zum Hafen und zählt dabei seine Säckchen.

 

Nun heißt es, die Säckchen an die Kuscheltiere zu verteilen.

 

Erst wirft das Kind ohne Konzept alles in die Kreise hinein, ohne sich bewusst zu sein,

wie viele Säckchen sich in jedem Kreis befinden.

 

Nun beschweren sich die Freunde wegen der ungerechten Verteilung.

 

Das was nun folgt ist eine Entdeckungsreise für das Kind.

 

Die Säckchen werden hin und her sortiert, bis jeder gleich viel hat.

 

Durch die Versprachlichung entdeckt das Kind ganz besondere Zusammenhänge und versteht das Teilen.

 

Nun möchte ein Freund aufhören zu Spielen und seine Säckchen werden in das Wasser geworfen und wieder verteilt.

 

Dieser Vorgang ist von mir ganzheitlich weiterentwickelt worden und übertragbar auf alle Fächer.

 

Zur Vertiefung werden die gelernten und entdeckten Zusammenhänge aufgemalt, gestaltet, geschrieben und dargestellt.

 

Ein Spiel wird erfunden und positiv abgeschlossen.

 

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass im Lernen und in der Entwicklung von Kindern bewusst alle Wahrnehmungskanäle angesprochen werden können.

 

Stellt euch vor, ihr möchtet einen tollen Kuchen Backen, habt zauberhafte Zutaten – rührt aber nicht um !!!

 

Ab in den Backofen, ohne „Integration aller Besonderheiten“ ??????



Liebe Grüße,

Andrea Berghaus

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