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Was kann Lerntherapie leisten?



Nun sitze ich mal wieder vor vielen Buchstaben und schaffe aus diesen "Einzelnen" einen Bericht.

Dies mag sich für euch einfach anhören, ist aber für mich eine "komplexe" Leistung.

Während des Studiums in Köln erfreute sich der Professor der Neurologie sehr daran, uns diese Komplexität bildlich, fachlich und in allen Facetten darzustellen.

Uns allen erschien dieser Sachverhalt "natürlich" vollkommen einleuchtend und wir studierten bis der Kopf qualmte. 

Theorie über alles!!!



Nun ja,

da es Unterschiede zwischen Nachhilfe und Therapie gibt, belegten wir 4 Semester und lernten vielfältige Zusammenhänge zwischen vielen Faktoren von Lernschwierigkeiten, deren Entstehung, Therapieansätzen  und Behandlungsmöglichkeiten.

Neben dem Präsents - Studium gibt es auch die Möglichkeit des Fernstudiums.

Hier eignet man sich Wissen zu Hause an.

Dies wäre für mich nicht in Frage gekommen, da wir vor Ort im Austausch waren und auch vor Ort geprüft wurden.

Studium hin oder her, was wollte ich eigentlich sagen?



Dies ist Simon.

Simon ist 9 Jahre alt und hat eine diagnostizierte LRS (Lese-Rechtschreib-Störung).

Bis zu dieser Diagnose verging eine lange Zeit, da es ein langer Weg von Arzt zu Arzt notwendig war.

Um eine Diagnose zu erhalten bedarf es festgeschriebene Tests und Untersuchungen.

Simon wusste nicht, wie es um ihn geschah...

Dies darf nur von einem Arzt erfolgen, da es sich bei dieser Diagnose um einen rechtlich vorgeschriebenen  Vorgang handelt.

 

Im ICD-10 der WHO werden folgende Klassifikationen unterschieden:

  • F81.0 - LESE- UND RECHTSCHREIBSTÖRUNG

 


Nun ist es nach Diagnosestellung möglich, eine Therapie zu beginnen und Simon sitzt mir gegenüber.

Ob er Lust hat oder nicht, sagt mir seine Körperhaltung und sein Gesichtsausdruck.

Als Lerntherapeut gibt es nun unterschiedliche Vorgehensweisen im Therapieverlauf.

Vielleicht sitzt der Therapeut Simon gegenüber und bittet ihn die Schulsachen auszupacken.

Ein Gespräch über die Schule und über das was zu erreichen ist, wäre denkbar.

Der Ansatz in der Lerntherapie ist so aufgegliedert, dass der Schüler einen Zugang zu seinen Möglichkeiten erfährt.

Der Lernstoff wird aufgewertet, so dass ein Verstehen des zu lernenden ansatzweise möglich ist.

Macht Simon mit? 


Was war vorher:

  • Simon zeigte im Kindergarten Probleme in der Sensorik
  • Simon fiel es im Kindergarten schwer, sich zu konzentrieren
  • Die Ärzte stellten fest, dass Simon Unterstützung in der vestibulären Wahrnehmung braucht
  • Simon spielte sehr gerne, freute sich jedoch auch auf die Schule
  • Simon kam in die Schule und die Lehrer stellten fest, dass er Probleme in der Laut-Analyse und -Synthese vorweist.
  • Simon zeigte Probleme in der Graphomotorik und verlor die Motivation, einen Stift in die Hand zu nehmen.
  • Das Zusammen schleifen der Buchstaben und Silben gelang schwer und das sinn entnehmende Lesen war kaum möglich.
  • Die Motivation wurde geringer, der Lernstoff wurde mehr und der Druck wuchs von Jahr zu Jahr.
  • Simon forderte nach Aufmerksamkeit und verhielt sich laut und unstetig.
  • Hausaufgaben wurden verweigert und das Geschrei und die Verweigerung nahm zu.
  • Morgens bekam Simon Bauchschmerzen und weinte, weil er in die Schule musste.
  • Abends zerstörte er seine Schulsachen und rief :"Ich gehe nie wieder in die Schule und lese nie wieder!"

Diese Schilderung ist Fantasie, jedoch war dieser Weg bei einigen meiner "Kinder" (Behandlung) Realität.

Nun trat die Schule auf den Plan und es begann der Weg der Diagnostik.

Wenn man als Therapeutin mit Kindern in Kontakt tritt, gibt es den Weg der reinen therapeutischen Intervention in Richtung des Lernens, oder man zäumt das Pferd von hinten auf.


Es gab in meiner Praxis folgende Aussagen, die direkt vor Beginn einer Therapie gemacht wurden (Realität):

  1. Ich gehe nie wieder in die Schule
  2. Ich werde nie wieder Lesen und Schreiben
  3. An diesen Schreibtisch werde ich mich nie setzen, an andere Tische auch nicht mehr.

Lerntherapeuten haben viele Möglichkeiten, jedoch ist die Frage, ob nicht der Rahmen gesprengt wird.

Die Erwartungen, dass das Kind nun endlich lernt sind sehr hoch.

Diese Erwartungen erlebte das Kind bis zu diesem ersten Treffen mehr als genüge und die Lust bleibt eh schon lange auf der Strecke.


Nun könnte ich zu allen Punkten Beispiele nennen,

jedoch beschränke ich mich auf das Mädchen, welches nie wieder Lesen und Schreiben wollte.

 

Als Tina dieser Satz aus dem Munde rutschte, sah ich ihr eigenen Erstaunen in den Augen.

Sie blickt vorsichtig in meine Richtung und ich weiß nicht, was sie erwartet.

 

"Ist ok, sage ich zu ihr, lass uns auf dem Teppich Platz nehmen."

Wir sitzen auf dem Teppich und sehen uns an.

 

"Ach weißt du, sage ich, es gab eine Zeit, da konnte kein Mensch Schreiben und Lesen."

Erstaunt sieht mich Tina an und fragt:"Echt?"

"Oh ja", erwidere ich und beginne von der Zeit der "Uhrzeit Menschen" zu erzählen.

 

Nun kommen komische Geräusche aus meinem Munde und ich gestikuliere wild um mich.

Tina lacht aus vollem Munde und wir spielen Uhrzeit Menschen.

Als wir uns mitteilen wollen, wie viele Bisons wir gefangen haben, kommen wir an unsere Grenzen.

"Was nun?", fragt Tina und wir führen die Höhlenmalerei ein.

Dies gelingt uns sehr gut und alle Wände der Praxis sind bemalt.

Tina hat mega viel Spaß und kritzelt wie ein Weltmeister.

Nun, als alle Blätter voll waren, fragt mich Tina, wie es nun weiter gehen kann.

 

Wir entwickeln sprachliche und visuellen Stellvertreter für unsere wichtigsten Aussagen, um insgesamt Platz im Raum zu sparen.

Tina findet es sehr lustig Bilder und Töne zu erfinden, die für etwas "besonderes" stehen. (Selektion - wichtig - unwichtig- aussagekräftig)

Sie meint daraus eine Geheimschrift und Geheimsprache entwickeln zu wollen.

Nun verabredeten wir uns, jeweils einen Geheimbrief mit Symbolen und Tönen zu verfassen.

 

Die Stunde der kommenden Woche fing mega lustig an.

Nach und nach gewann Tina Zuversicht, Selbstvertrauen, Mut und Freude am "Miteinander" und am "Gestalten".

Dies war ein wichtiger Weg vor der eigentlichen "lern-therapeutischen" Behandlung.

Das Selbstwertgefühl und die seelische Befindlichkeit sind so sehr von Bedeutung, da der bisherige "Lernweg" gefüllt war mit negativen Eindrücken und Feedbacks.


Lerntherapie kann das eine, das andere oder mehr bedeuten.

Durch therapeutische Hintergründe wurden auch weitere Bereiche in`s Auge gefasst, die sonst nicht allgemein üblich sind.

Die seelische Befindlichkeit aller Kinder trägt 70 Prozent der:

  • Lernfreude
  • Lernbereitschaft
  • Aufnahmebereitschaft
  • Verarbeitungsfähigkeit
  • Konzentrationsfähigkeit
  • Kooperationsfähigkeit
  • Resilienz
  • Belastbarkeit
  • Funktionstoleranz
  • Auffassungsfähigkeit
  • Anpassungsfähigkeit
  • ect......

Eine sehr gute Freundin von mir ist auf alle Anliegen von Kindern ausgebildet und sensibilisiert.

Sie arbeitet schon viele Jahre im therapeutischen Bereich und gestalten mit den Kindern zusammen den Weg zu einem erfüllten und freudigem Leben.

Das Lernen wird durch ihr Wirken positiv, wertschätzend und professionell gefördert.

Schranken, die sich Kinder selber setzen, werden mit ihrer Unterstützung gebrochen und neue positive Wege geschaffen.

Hier ist der Kontakt zu meiner Freundin und Therapeutin: https://www.waldponyschule-reittherapie-stefanie-schich.de/

 


Steffi,

jetzt bist du dran :-)


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