Omi zückt den Unkrauteimer und wandert in den Hang voller "unfassbarer Gewächse" die dort nicht vorgesehen sind.
Omi hat alles was sie braucht: Gummistiefel, Buddelhose, Jacke, Handschuhe, Gartengeräte und ein Taschentuch zum Abwischen des Schweißes auf der Stirn.
Omi hört aus der Ferne ein Rufen:" Omi, ich helfe dir."
Omi blickt auf und sieht Henri auf den Hang zulaufen.
"Achtung, langsam Henri", höre ich mich noch rufen, als Henri schon Kontakt mit der ersten Brennnesseln macht.
"Aua", ruft er und trottet weiter auf mich zu.
In der einen Hand hat er einen Kinderhammer und in der anderen eine Schaufel.
Erfreut sieht er mich an und ruft: "Oma ich helfe dir."
"Oh ja", denke ich und baue in Gedanken ein Schutzschild um meine Rosen.
Eine große Hecke wächst um meine Azaleen und alle Pflanzen erhalten ein Schutzschild um sich zu schützen.
Henri blickt sich ganz genau um, schaut herab und fragt:" Ist das Unkraut?"
Mein Blick wandert in seine Richtung und bleibt erschrocken an seinen Händen stehen.
"Oh nein!", rufe ich aus.
Die Rose geht nun einen anderen Weg als gedacht, aber die Absicht war eine Gute.
Henri möchte helfen ;-)
Henri hilft beim Wäscheaufhängen, beim Tischdecken, beim Kochen.
Beim letzten Kochen meinte er es mit den Gewürzen sehr gut und genau.
Kaum war das Hühnchen fertig, landete eine große Portion "Gewürz" auf seinem Stetz.
Nun ja, es schmeckte ;-)
Henri hilft bei Ausmisten, beim Füttern, beim Kochen und was passiert?
Anfangs ging Omi hin und richtete alles wieder gerade.
Henri sah mich erschaut an und fragte irgendwann, warum ich dies tue.
Dann überlegte ich, warum ich dies eigentlich tue?
Mein Entschluss stand fest.
In Zukunft wird klar ausgemacht, wer wie und wo hilft und auch die Verantwortung dafür trägt.
Wenn die Stelle, der Ort, die Aufgabe zu komplex ist, lässt sich Henri beim Helfen begleiten.
Wenn es Bereiche gibt, wo er selbständig arbeiten kann, dann lasse ich es auch so, wie er es er und bearbeitet hat.
Henri arbeitet mittlerweile an vielen Stellen selbständig und wir lassen es so, wie er es für richtig hält (an Stellen, Bereichen und Punkten, an denen es ok und vertretbar ist).
Es gibt Aufgaben, die schon vierjährige Kinder selbständig er und bearbeiten können.
Kinder sehen mit Stolz auf ihre Aktionen und freuen sich darüber, wenn wir diese loben und positiv unterstützen.
Kinder stellen ihre Aktionen in Frage, wenn Erwachsene alles umwerfen, neu ausrichten, korrigieren und für unsere eigenen Vorstellungen zurechtrücken.
Wenn Kinder helfen möchten, überlegt, wie ihr eure Kinder an diese Aktion heranführen könnt, so dass sie selbst wirksam werden können und es auch so stehen bleiben kann.
Henri bekam anfangs einen eigen Topf, um eine Suppe zu kochen - essen wollte er sie jedoch nicht.
Henri bekam anfangs ein eigenes Stück Beet - wühlte und fand tolle Regenwürmer.
Henri durfte am Anfang sein Geschirr aus der Spülmaschine räumen - konnte fallen und blieb ganz.
Kinder orientieren sich vielmals an den Realitäten der Erwachsenen und möchten es ihnen gleichtun.
Wenn wir dieses Handeln stetig korrigieren, dann lässt die Motivation unserer Kinder irgendwann nach.
"Das schaffe ich eh nicht so wie du!"
Der Erwachsene ist das Vorbild, macht alles richtig, ist stark, ist weise, ist toll - mein Vorbild!
Ich strebe meinem Vorbild nach, der korrigiert meine Motivation, ich gebe auf und lasse es sein.
Wir, die Familie und Angehörigen, sind der optimale Rahmen sich als Kind entwickeln zu können.
Erst lernen die Kinder im kleinen und später im großen Rahmen.
Es kommt der Chef eines großen Unternehmens und stellt das Wirkend unserer Kinder in Frage.
Unsere Kinder haben im kleinen Rahmen erfahren, wie sie eigene Ideen, Vorstellungen und Ziele verwirklichen können.
Es findet im laufe der Entwicklung, des Reifens und des älter Werdens ein Abgleich zwischen "Erwartungshaltungen" statt.
Das eigene Wirken und Handeln wurde nach und nach geschulter und präziser.
Kinder können im späteren Rahmen Reflexionen besser "bewerten", "annehmen" und für sich "zu nutze machen".
Das gesamte "Selbstbild", die "Selbständigkeit" und "Selbstwirksamkeit" wird gestärkt.
Omi arbeitet im Beet.
Henri (4 Jahre alt) kommt mit Kinderschaufel und Stiefel auf sie zu gerannt.
"Ich helfe dir, Omi"!
"Danke dir mein lieber Schatz", antwortet Omi und beide strahlen über alle vier Backen.
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