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Haben Sie schon einmal etwas von Bindungstypen gehört?



🧩 Bindung verstehen – ein Schlüssel zur kindlichen Entwicklung

Als integrative Lerntherapeutin erlebe ich täglich, wie grundlegend die emotionale Beziehung zwischen Eltern und Kind für Lernen, Verhalten und Selbstbild ist.
Bindung ist mehr als Zuwendung – sie ist das emotionale Fundament, auf dem Kinder Vertrauen in sich und andere entwickeln.

Doch Kinder reagieren unterschiedlich auf Trennung, Nähe und elterliches Verhalten – je nachdem, welche Bindungserfahrungen sie gemacht haben. Diese frühen Erlebnisse prägen, wie Kinder ihre Umwelt wahrnehmen, wie sie mit Stress umgehen und wie sie Beziehungen gestalten.

In der Bindungsforschung unterscheidet man vier grundlegende Bindungstypen:

  • die sichere Bindung,

  • die unsicher-vermeidende Bindung,

  • die unsicher-ambivalente Bindung und

  • die desorganisierte Bindung.

Jeder dieser Typen ist eine individuelle Antwort des Kindes auf sein Beziehungserleben – keine Bewertung, sondern ein Hinweis darauf, was es emotional braucht.

In meiner Praxis wundersam wirkend sehe ich es als meine Aufgabe, Bindung sichtbar und verstehbar zu machen – mit Herz, Fachwissen und einem geschützten Raum, in dem Eltern und Kinder sich gesehen fühlen.

 


🔶 1. Sichere Bindung

🧠 Beschreibung

Kinder mit sicherer Bindung haben eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Bezugspersonen. Sie wissen intuitiv:

„Wenn ich Hilfe brauche, ist jemand da. Wenn ich alleine spielen will, ist das auch okay.“

Sie zeigen ein gutes Gleichgewicht zwischen Nähe und Eigenständigkeit.


👦 Typisches Verhalten

  • Sucht bei Trennung kurz Nähe, lässt sich gut trösten.

  • Ist neugierig, spielt selbstständig.

  • Kann Gefühle ausdrücken und regulieren.

  • Hat ein gutes Selbstwertgefühl.


🏡 Alltagsbeispiel

Tim (5) verabschiedet sich morgens mit einem Lächeln von seiner Mutter, geht zur Erzieherin und beginnt zu spielen. Wenn er traurig ist, sucht er gezielt Nähe und lässt sich rasch beruhigen.


🎓 Fördermöglichkeiten in der Lerntherapie – Ich-Perspektive

Als Lerntherapeutin erlebe ich diese Kinder als offen, selbstbewusst und neugierig.
Ich kann mit ihnen gut:

  • spielerisch arbeiten,

  • Impulse setzen,

  • sie zu selbstständigem Denken anregen.

Sie profitieren z. B. von:

  • Lernspielen, bei denen sie Entscheidungen treffen dürfen.

  • kurzen Feedback-Runden zur Selbstreflexion.

  • dem achtsamen Aufbau von Kompetenzen – „Ich schaff das!“


 


🔷 2. Unsicher-vermeidende Bindung

🧠 Beschreibung

Diese Kinder haben früh gelernt:

„Gefühle zu zeigen bringt nichts – ich muss alleine klarkommen.“

Sie wirken ruhig oder angepasst, sind aber innerlich oft gestresst. Bindungsangebote werden vermeidet, um sich zu schützen.


👦 Typisches Verhalten

  • Spielt scheinbar selbstständig, meidet Blickkontakt.

  • Reagiert bei Trennung scheinbar gelassen.

  • Vermeidet körperliche Nähe.

  • Wirkt kontrolliert, hat Mühe mit emotionalen Themen.


🏡 Alltagsbeispiel

Lilly (6) verabschiedet sich morgens wortlos von ihrem Vater, wendet sich schnell ab. In der Kita sagt sie selten, wenn sie Hilfe braucht – auch wenn sie traurig ist. Zu Hause weint sie abends plötzlich grundlos.


🎓 Fördermöglichkeiten in der Lerntherapie – Ich-Perspektive

Ich begegne diesen Kindern mit ganz viel Geduld und Nähe auf leisen Wegen.
Sie brauchen:

  • verlässliche Rituale in der Sitzung,

  • emotionales Spiegeln: „Ich sehe, das war anstrengend für dich“,

  • Angebote zum spielerischen Ausdruck von Gefühlen (z. B. mit Handpuppen oder Tieren),

  • Raum für Selbstwirksamkeit, ohne überfordernden Druck.

Tiere in meiner Praxis (Katze, Hamster, Maus, Pferd) wirken oft als Bindungsbrücke – sie fordern keine Worte, geben aber emotionalen Halt.


🟡 3. Unsicher-ambivalente Bindung

🧠 Beschreibung

Diese Kinder sind zwischen Nähe und Distanz hin- und hergerissen. Sie haben gelernt, dass Bindungspersonen unberechenbar sein können.

„Ich will Nähe – aber ich kann ihr nicht trauen.“

Ihr Verhalten wirkt widersprüchlich, oft sehr emotional.


👦 Typisches Verhalten

  • Klammert stark, zeigt Trennungsangst.

  • Ist schwer zu beruhigen.

  • Reagiert mit Wut, Rückzug oder Weinen.

  • Braucht dauernde Bestätigung.


🏡 Alltagsbeispiel

Jonas (4) will morgens nicht in die Kita, klammert sich an die Mama. Beim Abholen ist er wütend: „Du hast mich vergessen!“ Zu Hause braucht er ständige Aufmerksamkeit, wird schnell eifersüchtig auf Geschwister.


🎓 Fördermöglichkeiten in der Lerntherapie – Ich-Perspektive

Diese Kinder brauchen emotionale Sicherheit durch klare, wiederkehrende Strukturen.
Ich arbeite mit ihnen:

  • mit fester Zeitstruktur (z. B. Ankommensritual, Abschiedsritual),

  • durch Feinfühligkeit bei Schwankungen: „Du willst lieber zuhören als mitmachen? Das ist okay.“

  • mit viel sprachlichem Spiegeln: „Du bist gerade ganz unruhig – darf ich dir etwas helfen?“

  • durch Zuwendung ohne Bedingung: kein „Wenn du das machst, bekommst du Lob“, sondern: „Schön, dass du da bist.“


⚫ 4. Desorganisierte Bindung

🧠 Beschreibung

Kinder mit desorganisierter Bindung haben häufig schwere Erfahrungen gemacht (z. B. Gewalt, Vernachlässigung, Kontrollverlust).

„Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Nähe macht mir Angst – aber ich brauche sie.“

Sie sind emotional überfordert, zeigen extreme Schwankungen.


👦 Typisches Verhalten

  • Erstarrt bei Stress oder wird plötzlich aggressiv.

  • Widersprüchlich: Sucht Nähe – stößt sie gleichzeitig ab.

  • Zeigt Orientierungslosigkeit.

  • Hat starke Angst, Kontrolle zu verlieren.


🏡 Alltagsbeispiel

Nele (7) schreit, wenn sie eine Aufgabe nicht sofort versteht. Wenn die Mutter hilft, schlägt sie sie weg. Sie zeigt starke Ängste, hat Albträume, reagiert unvorhersehbar.


🎓 Fördermöglichkeiten in der Lerntherapie – Ich-Perspektive

Hier ist mein erster Schritt: Emotionale Stabilisierung.
Diese Kinder brauchen:

  • absolut verlässliche, sichere Beziehung über viele Wochen,

  • einen geschützten Raum mit wenigen Reizen,

  • Begleitung durch Körpersprache, Mimik und Blickkontakt – mehr als durch Sprache,

  • Pausen, Rückzugsmöglichkeiten,

  • tiergestützte Angebote, die angstfrei erlebt werden können.

  • Parallel kann die Zusammenarbeit mit Traumatherapeut:innen oder SPZ notwendig sein.


Falls Sie Unterstützung brauchen,

melden Sie sich bitte bei mir!

Liebe Grüße,

Andrea Berghaus